Bürgerhaus Nieder-Roden

Römerstraße 19, 63110 Rodgau / Nieder-Roden


Artikel Offenbach Post, 21. April 2015


Rockfestival mit 96 Bands


Volle Dröhnung im Hochsommer

Nieder-Roden - Das bisher größte Rockfestival in der Geschichte Rodgaus soll Ende August über die Bühne gehen: 96 Bands an drei Tagen auf drei Bühnen. Born Meißner (38) aus Nieder-Roden will das Bürgerhaus samt Sporthalle vom 28. bis 30. August von früh bis spät beschallen. Von Ekkehard Wolf

Die Rodgauer Band "Numenon" ist eine der 96 Gruppen, die Ende August bei "Rocken" in Nieder-Roden auftreten.
Die Rodgauer Band "Numenon" ist eine der 96 Gruppen, die Ende August bei "Rocken" in Nieder-Roden auftreten.

 

Das "Rocken"-Festival verspricht volle Dröhnung für Fans von Rock und Heavy Metal. 750 Musiker wollen dem Publikum einheizen. Die Bands kommen vor allem aus Hessen, aber auch aus Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Neben Top-Acts wie "Herzparasit" stehen auch viele unbekannte Formationen auf der Bühne. Sie heißen "Blutgericht", "Krayenzeit" oder "Sündflut", auch morbide Namen wie "Mortal Existence" oder "Funeral Fire" sind vertreten. Ihre Musikrichtungen reichen von Piratenrock bis zu Death Metal, wobei die härteren Spielarten besonders stark vertreten sind. Eine Ausnahme bildet die Rodgau Jazz-Big-Band: Sie spielt am Sonntag zur Frühschoppenzeit.

 

"Fast 400 Bands haben sich beworben und es hört nicht auf", berichtet Born Meißner. Er ist vom Ansturm überrascht: "Die Nachfrage nach Auftrittsmöglichkeiten ist riesengroß. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Bands im Untergrund gibt." Viele Gruppen spielen ohne Gage, manche gegen Spritgeld. Aber alle sind mit geschulten Ohren ausgesucht. Bei fast 400 Bands ist auch eine kurze Sichtung per Youtube schon ein großer Zeitaufwand.

 

Festival kostet 40.000 Euro

 

Das Festival kostet eine Stange Geld. Selbst bei geringem Aufwand muss der Veranstalter mit fast 40.000 Euro rechnen. Drei Bühnen mit Ton- und Lichtanlagen, Saalmiete und Genehmigungen, Sicherheitsdienst, Bewirtung und vieles mehr: Mit einer guten Idee allein ist es nicht getan. Ein Beispiel: "Der ganze Boden muss ausgelegt werden, in allen Räumen. Da müssen wir tagelang kleben." Insgesamt, schätzen die Organisatoren, brauchen sie für die drei Tage mindestens 50 Helfer.


Die Organisation ist ein Vollzeitjob. Die Fäden laufen bei zwei Personen zusammen Während Kamran Inait als Student nur begrenzt Zeit hat, kann sich Born Meißner voll in die Arbeit stürzen: "Ich bin vor sechs Monaten arbeitslos geworden, da habe ich mir gedacht, ich mache mich selbstständig." Seine Firma nennt er Megafun, maximaler Spaß. Born Meißner spielt Schlagzeug in der Rodgauer Band "Numenon" und organisiert nicht zum ersten Mal eine Musikveranstaltung. Vor ein paar Jahren stellte er in einem Langener Club "House vs. Metal" auf die Beine, in jungen Jahren organisierte er Höhlenpartys mit elektronischer Musik auf Mallorca.

 

Ein bewegter Lebenslauf

 

Der 38-jährige Nieder-Röder erzählt von einem bewegten Lebenslauf. Als Jugendlicher schmiss er seine Ausbildung als Kfz- und Motorradmechaniker und ging für fünf Jahre nach Mallorca, Gran Canaria und Teneriffa. Dort jobbte er in Diskotheken und Hotels. Als er mit 22 Jahren zurückkehrte, hatte er weder Schul- noch Lehrabschluss. Im beginnenden Internet-Boom baute er eine Online-Medienfirma in Köln auf. Zurück nach Rodgau: Nach einer Ausbildung zum Kaufmann für Speditions- und Logistikdienstleistungen ging er zu einer Zeitarbeitsfirma nach Frankfurt und arbeitete sich bis zum Niederlassungsleiter hoch. Nun fängt der allein erziehende Vater noch einmal etwas Neues an.

 

"So was Großes hat es in Rodgau noch nicht gegeben", sagt Festival-Veranstalter Born Meißner. Er zweifelt nicht daran, dass der Sound von Dark Metal bis Melodic Deathcore im Rhein-Main-Gebiet genügend Publikum anzieht: "Wenn wegen jeder Band nur zehn Leute kommen, sind wir schon bei 1000." Überrascht ist der 38-Jährige vom Schneeballeffekt auf der Internetplattform Facebook: "Das habe ich bisher unterschätzt." Die Werbung der 96 Bands für das Festival "Rocken" erreichte schnell mehr als 30.000 Menschen.

 

Drei Tage volle Dröhnung im Saal sind für den Schlagzeuger und Musikveranstalter nur die zweitbeste Lösung. Noch lieber hätte er ein Open-Air-Festival im Wald nördlich von Weiskirchen veranstaltet. Und einen Mittelalteraltermarkt mit 100 Ständen. Doch das Forstamt hatte Bedenken: Bei Sturm, Gewitter oder ähnlichen Naturgewalten wäre die Sicherheit gefährdet gewesen. Außerdem wehrten sich Anwohner gegen die erwartete Lärmbelästigung.


Musikfestival am Badesee (Archiv)

 

Der Name wäre so schön gewesen: "Rocken Open Air", abgekürzt "R.O.A.", erinnert nicht von ungefähr an eine andere Musikveranstaltung. "Wacken Open Air" lockt seit 25 Jahren Heavy-Metal-Fans in eine 2000-Seelen-Gemeinde in Schleswig-Holstein. Längst gilt "W.O.A." als größtes Heavy-Metal-Festival der Welt. Vergangenes Jahr waren 70.000 Besucher dort.


In Rodgau darf es gern ein paar Nummern kleiner sein. Trotz der Namensähnlichkeit hätte Meißner von einer Größenordnung wie in Wacken nie zu träumen gewagt. "Wenn ich ganz ehrlich bin, war ich noch nie auf einem solchen Festival. Wacken wär‘ mir auch zu groß. Da hätte ich Angst, in der Masse zertrampelt zu werden." Die beiden Organisatoren stehen Ende August auch als Musiker auf der Bühne: Born Meißner spielt Schlagzeug bei "Numenon", Kamran Inait ist Gitarrist und Sänger bei "120 Minds".

 

 

Artikel Offenbach Post, 29. September 2022:

 

Bürgerhaus vor 60 Jahren eröffnet


Von: Ekkehard Wolf

 

 

Spielstätte für Theater und Konzerte, Übungsort der Vereine und Veranstaltungssaal: Das Bürgerhaus Nieder-Roden wird täglich genutzt. © Wolf
Spielstätte für Theater und Konzerte, Übungsort der Vereine und Veranstaltungssaal: Das Bürgerhaus Nieder-Roden wird täglich genutzt. © Wolf

 

Das Bürgerhaus Nieder- Roden hat Geburtstag: Vor genau 60 Jahren wurde es eingeweiht. Es war das erste Bürgerhaus im damaligen Landkreis Dieburg.

 

Nieder-Roden –„Ein neues vorbildliches Bürgerhaus errichtet“, überschrieb die Rodgau-Post den Bericht über die Eröffnung am 29. September 1962. Das Besondere an dem Bau: Er war nicht nur eine Mehrzweckhalle für Sport und Kultur. Der Gebäudekomplex vereinte viele Funktionen unter einem Dach: Gaststätte, Kindergarten, Bücherei, Versammlungsräume. Zur Ausstattung des Jahres 1962 gehörten auch öffentliche Wannen- und Brausebäder – in einer Zeit, in der ein eigenes Badezimmer noch Luxus war.

 

Die Gemeinde Nieder-Roden hatte damals knapp 4000 Einwohner. Dennoch konnte sie ihr größtes Bauvorhaben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Kreditaufnahme finanzieren. Die Baukosten betrugen 1,65 Millionen Mark. Das Land Hessen steuerte 520 000 Mark bei.

 

Rodgau: Bürgerhaus-Bau vor 60 Jahren politisch umstritten

 

Das kostspielige Projekt in der Amtszeit des Bürgermeisters Johann Philipp Weyland war politisch umstritten. Der Bau wurde Ende 1960 in der Gemeindevertretung mit 8 : 7 Stimmen beschlossen. Die SPD war dafür, die CDU dagegen: Eine Mehrzweckhalle sei ausreichend, die übrigen Räume seien nicht notwendig – es gebe Wichtigeres.

 

Das Gesamtkonzept überzeugte auch höheren Orts. „Das Bürgerhaus in Nieder-Roden soll für alle hessischen Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von rund 5000 zu einem Vorbild werden“, berichtete die Rodgau-Post am 10. November 1961 nach dem Besuch zweier Baureferenten des Innenministeriums.

 

Jahrhundertregen setzt den Saalbau und viele Wohnhäuser unter Wasser

 

Als „bemerkenswert“ bezeichnete die lokale Presse damals, dass die Rodau in einem Rohr unter dem Gebäudekomplex hindurchgeführt wurde. Genau das erwies sich zwei Jahrzehnte später als Problem: Nach einem Jahrhundertregen im Sommer 1981 standen alle Räume unter Wasser, nachdem sich der Rodau-Durchlass mit Treibgut vollgesetzt hatte. Auch Wohnhäuser an der damaligen Hintergasse waren überschwemmt. „Der Schaden war immens“, erinnert sich Günther Keller vom Arbeitskreis für Heimatkunde.

 

Die fällige Sanierung war nicht die einzige große Baumaßnahme. In den Jahren 1989/1990 wurde das Bürgerhaus für 4,3 Millionen Mark umfassend modernisiert und umgebaut. Unter anderem erhielt das Foyer seine heutige Form mit dem gläsernen Pyramidendach.

 

„Als kleiner Junge habe ich im Bürgerhaus Fußball gespielt“, erinnert sich Erster Stadtrat Michael Schüßler. Das war Anfang der 80er-Jahre. Ein großer Teil des Schul- und Vereinssports wurde 1992 aus dem Bürgerhaus-Saal in die neue Zweifeldsporthalle ausgelagert.

 

Auch die Bürgerhausgaststätte ist schon lange Vergangenheit. Nachdem sich trotz jahrelanger Suche kein Pächter mehr fand, wurde der Gastraum abgetrennt und der Kindertagesstätte zugeschlagen. Er dient seither als Bewegungsraum. Übrig blieb eine Schanktheke für Getränke in den Theaterpausen.

 

Erst vor drei Jahren investierte die Stadt 900 000 Euro in eine Dachsanierung und eine neue Lüftungsanlage. Seither sind auch im Sommer Saalveranstaltungen ohne Hitzekollaps möglich.

 

Von der Meerschweinchenschau bis zur marokkanischen Hochzeit

 

Zurzeit nutzen zehn Vereine das Bürgerhaus für Übungsstunden. Im Saal finden neben Theatergastspielen, Konzerten und Vereinsfeiern auch viele weitere Veranstaltungen statt. Die Bandbreite reicht von der Meerschweinchenschau bis zur marokkanischen Hochzeit.

 

Viele bekannte Schauspieler waren im Bürgerhaus Nieder-Roden zu erleben, unter anderem Doris Kunstmann, Joachim Fuchsberger, Vera Tschechowa und Hans-Joachim Kulenkampff. Die städtische Kulturagentur entdeckt aber auch Talente: So trat der Komiker Bülent Ceylan in Rodgau auf, als er noch am Anfang seiner Karriere stand.

Die bisher größte Bühnenveranstaltung war das dreitägige Rockfestival „Rocken“ mit 100 Bands im August 2015. Die Besucherzahl blieb aber hinter den Erwartungen zurück. Ein Renner beim Publikum war das Benefizkonzert der Bundeswehr-Bigband 2018.

 

Einmal im Jahr wird das Bürgerhaus zur Kunsthalle. Der Einzugsbereich der Kunstausstellung „Rodgau-Art“ reicht über das Rhein-Main-Gebiet hinaus.

 

 

 

 

 

 

 

Ein Modell des Gebäudekomplexes zierte die Einladung zur Einweihung heute vor 60 Jahren. Archiv Werner Stolzenburg © Privat
Ein Modell des Gebäudekomplexes zierte die Einladung zur Einweihung heute vor 60 Jahren. Archiv Werner Stolzenburg © Privat
Von Grün umgeben: Bürgerhaus, Kindertagesstätte, Sporthalle und Grundschule hängen baulich zusammen. Luftbild: Axel Häsler © Axel Haesler
Von Grün umgeben: Bürgerhaus, Kindertagesstätte, Sporthalle und Grundschule hängen baulich zusammen. Luftbild: Axel Häsler © Axel Haesler